Rio am Rhein
Die Nachmittagssonne schien heiß auf den belebten Stadtstrand von Ipanema, als ich mich auf mein Handtuch legte und anfing einen sehr langen und komplizierten Artikel in der FAZ, die ich vorm Abflug am Frankfurter Flughafen gekauft hatte, zu lesen. Ein abgesagtes Business-Meeting hatte mir einen unverhofften freien Sonntag in Rio de Janeiro verschafft. Kurz schloss ich die Augen und spürte die sanfte Meeresbrise auf meiner Haut.
Als ich sie wieder öffnete, stand plötzlich eine bildhübsche junge Brasilianerin vor mir, barfuß und strahlend. Lange, dunkle Locken umrahmten ihr harmonisches Gesicht. Ihr gebräunter, bunt tätowierter Körper hatte sehr reizvolle, weibliche Formen.
“Entschuldigen Sie, möchten Sie Zigaretten kaufen?” fragte sie mit einer erstaunlich heiseren Stimme und einem einladenden Lächeln.
Die Worte kamen auf Deutsch, fließend und überraschend. Unter ihren prall strotzenden Brüsten, die jeden Augenblick drohten, ihr enges, grün-gelbes Bikinioberteil zu sprengen, trug sie ein Verkaufstablett, das als Bauchladen fungierte, auf dem eine Auswahl von Zigarettenschachteln platziert war.
“Du sprichst Deutsch?” fragte ich zurück, obwohl ihre Deutschkenntnisse offensichtlich waren.
Die junge Frau lächelte noch breiter.
“Ich habe dich auf Deutsch angesprochen, weil du eine deutsche Zeitung liest. Oder möchtest du lieber Portugiesisch sprechen?”
Ihr Deutsch war makellos mit einem charmanten Akzent.
“Lieber nicht. Das würde ein sehr kurzes Gespräch werden, fürchte ich. Wieso sprichst du perfekt Deutsch?”
“Ich habe fünf Jahre in München gelebt. Aber jetzt bin ich wieder in Rio. Ich bin übrigens die Lorena.”
Sie reichte mir ihre kunstvoll tätowierte Hand mit den langen, schwarzlackierten Fingernägeln und gab mir einen festen Händedruck.
“Ich heiße Hans-Joachim.”
“Brauchst du Zigaretten, Hans-Joachim?”
“Nein danke. Ich rauche nicht.”
“Schade. Rauchen macht Spaß. Du solltest mal probieren. Ich bin ein Marlboro-Mädchen.”
Lorena hielt lächelnd eine rot-weiße Marlboro-Packung von ihrem Tablett hoch und war schon im Begriff, weiter zu ziehen. In einem impulsiven Moment machte ich ihr einen Vorschlag, weil ich meinen Kontakt mit dieser hübschen Südamerikanerin unbedingt in die Länge ziehen wollte.
“Ich fürchte das ist nichts für mich. Aber wie wäre es, wenn ich dir eine Packung Zigaretten abkaufe, und du dich neben mich setzt und eine rauchst?”
“Du zahlst mir fürs Rauchen? Das ist ja super.”
Lorena lachte ein kehliges Lachen, stellte ihr Tablett im Sand ab und setzte sich auf mein großes Badehandtuch in den brasilianischen Farben, das ich eine halbe Stunde vorher von einer Straßenhändlerin gekauft hatte.
Ich gab Lorena das Geld für eine Schachtel Marlboro und reichlich Trinkgeld. Sie zündete sich eine Zigarette an und inhalierte genüsslich.
“Hans-Joachim, du bist wirklich ein Gentleman, Zigaretten für eine Dame zu kaufen”, sagte sie.
“Gern geschehen. Erzähl mir von Rio, Lorena.”
“Mein Rio ist lebendig, gefüllt mit Energie und Kontrasten. Wir verbringen viel Zeit am Strand, aber das wahre Leben spielt sich in den Straßen ab. Rio hat eine Seele, die du fühlen musst, Hans-Joachim.”
Lorenas Worte mischten sich mit ihren Rauchringen, die langsam in die warme Luft stiegen. Ich lächelte über ihre fast lyrische Liebeserklärung an ihre Stadt.
“Du klingst wie Werbung vom Fremdenverkehrsamt.”
“Nee. Im Ernst. Es ist so.”
“Du liebst sie also, deine Stadt?”
“Ja. Aber das Leben hier ist nicht immer einfach. Ich bin in der Favela aufgewachsen.”
“Erzähl mir mehr, wenn du darüber sprechen möchtest.”
Sie lächelte. “Kein Problem. Ich spreche gerne über die Favela. Sie ist hart, aber sie ist mein Zuhause. Sie hat mich stark gemacht.”
“Das Leben dort kann ich mir kaum vorstellen”, gestand ich.
“Die Favela hat mich geformt. Und dann bin ich mit 21 nach München gegangen.”
Ich spürte, dass die Geschichte düsterer wurde. “Und wie war dein Leben in München?”
Lorena seufzte tief und zog nachdenklich an ihrer Zigarette. “Nicht, wie ich mir vorgestellt hatte. Ich hatte Wilhelm, meinen Ex, hier in Rio getroffen. Hier am Strand. Er kam aus München. Wir haben geheiratet, und er hat mich nach Deutschland geholt. Nach Bayern. Am Anfang was es gut, aber dann hat er mich verprügelt.”
“Warum?”
“Er war eifersüchtig. Er wollte mich kontrollieren. Er sagte, dass alle brasilianische Frauen ihre Männer betrügen.”
“Scheint, als hättest du viel durchgemacht.”
“Letztes Jahr musste ich Deutschland verlassen. Es war eine ganz schlechte Ehe. Ich habe Scheidung beantragt und meinen Aufenthaltsstatus verloren. Ich musste zurück nach Rio. Ich lebe jetzt bei meiner Mutter in der Favela oben am Berghang. Es war eine schwierige Zeit in München. Rio ist meine Heimat. Ich bin und bleibe eine Carioca”, stellte sie klar und wedelte mit der Hand ihren Rauch weg. “Ich hoffe, du bist nicht genervt, dass ich rauche”.
“Nein, überhaupt nicht”, antwortete ich. “Ich habe dir ja die Zigaretten gekauft.”
“Vielleicht yüreğir escort bist du ja nur höflich? Auf jeden Fall finde ich dich total nett.”
“Ich dich auch. Und wie geht es dir jetzt, wo du wieder in Rio bist? “
Lorena zuckte die Schulter. “Ach, das Leben geht weiter. Erzähl mal von dir. Was machst du in Rio, Hans-Joachim?”
“Also. Ich bin Diplomingenieur. Ich arbeite für eine Düsseldorfer Firma, die Kühlaggregate herstellt, und ich bin hier um unsere Geschäftsbeziehungen zu pflegen. Eigentlich das Langweiligste, was man sich vorstellen kann.”
“So langweilig kann deine Arbeit ja gar nicht sein. Wenn du geschäftlich nach Rio reisen kannst,” meinte Lorena und zog an ihrer Zigarette.
“Nee. Das stimmt. Mein Job hat bestimmt seine guten Seiten.”
“Ja. Zum Beispiel dass du mich getroffen hast. Wie alt bist du, Hans-Joachim?”
“41.”
“Ein gutes Alter. Ich bin 27. Und bist du verheiratet?” Lorena lachte verführerisch und blies ihren Rauch in die tropische Strandluft.
“Geschieden. Wie du. Seit drei Jahren. Deine Geschichte vorhin, Lorena, sie hat mich berührt. Es tut mir so leid, dass du das durchmachen musstest. Wenn ich etwas für dich tun kann…”
“Du könntest mit mir schwimmen gehen.”
“Ja, gerne. Aber unsere Sachen…”
Lorena pfiff laut mit den Fingern. Ihre Freundin Marcela, eine hübsche Ananasverkäuferin mit blond gefärbten Haaren, eilte herbei um auf unsere Sachen aufzupassen.
Lorena übergab die brennende Zigarette an Marcela und nahm meine Hand. Wir rannten in die Brandung und stürzten uns spielerisch in die großen Wellen des Atlantiks. Das salzige Wasser umspülte uns und wir spielten wie glückliche Kinder im Meer.
Nach dem ausgelassenen Baden kehrten wir zum Handtuch zurück, um uns von der Sonne trocknen zu lassen, und bedankten uns bei Marcela, der ich ein Trinkgeld zukommen ließ. Lorena zündete sich erneut eine Zigarette an und lehnte sich zurück.
“Es macht Spaß, mit dir Zeit zu verbringen, Lorena. Du strahlst so viel Lebensfreude aus”, sagte ich.
“Danke, Hans-Joachim. Das Kompliment gebe ich dir zurück.”
“Deine Tattoos finde ich toll.”
“Ja?” Lorena hob ihre Augenbraue. “Das sind Souvenirs aus meiner gescheiterten Ehe. Wilhelm bestand immer drauf, dass ich neue Tattoos kriegte. Er hat sie auch alle bezahlt.”
“Sie sind aber sehr schön und voller Fantasie. Ich mag sie, diese bunte Vielfalt.”
Lorena schmunzelte. “Bunte Vielfalt? Wie bei Ritter Sport?”
“Genau”, lachte ich und dachte kurz an Schokolade. “Aber im Ernst. Deine Tattoos stehen dir.”
“Danke. Ich finde sie manchmal etwas übertrieben. Jeden Monat hat mein Ex-Mann mich zu einem neuen Tattoo gedrängt. Und immer wollte er etwas aus unserer gemeinsamen Zeit in Brasilien auf meiner Haut festhalten. Deswegen sehe ich heute aus wie ein brasilianisches Tourismusprospekt.”
Lorena lachte leise und drehte sich um, um mir ihren Rücken zu zeigen. “Hier hinten hat er mir zum Beispiel den Cristo Redentor, die große Christus-Statue, tätowieren lassen als Erinnerung an unseren ersten Besuch auf dem Corcovado-Berg hier in Rio.”
Ihr Finger wanderte zu einem gelb-blauen Papagei auf ihrer Schulter. “Das ist ein Ara. Der soll an unseren Ausflug in den Amazonas-Regenwald erinnern.”
Lorena nahm einen Zug an ihrer Zigarette und zeigte dann auf ein großes Segelboot auf ihrem linken Oberschenkel. “Hier habe ich ein Andenken an einen Segeltörn, den wir hier vor der Küste mit seinen reichen Freunden machten.”
“Das hier…” Ihre Finger bewegten sich zu einem weiteren Motiv auf ihrem linken Fuß, während sie eine große Rauchwolke in die heiße Meeresluft blies. “Das ist eine dampfende Kaffeetasse. Sie erinnert an den brasilianischen Kaffee. Wilhelm ist ein totaler Feinschmecker, was Kaffee angeht.”
“Und hier unten…” Lorena zeigte auf ein farbenfrohes Tattoo unterhalb ihres Bauchnabels, wobei sie gleichzeitig das Bikinihöschen nach unten zog um mir die Stelle zu zeigen, wo ihre Schamhaare entfernt waren, und der untere Teil des Tattoos sich befand. “Das ist Yaci, eine Fruchtbarkeitsgöttin aus dem Amazonas.”
Die Finger, die ihre Zigarette hielten, glitten sanft über die tätowierte Göttin.
“Wilhelm fand die Mythologie der Indianer faszinierend, und er wollte, dass ich Yaci als Symbol für Fruchtbarkeit und unseren Kinderwunsch trage. Die Göttin hat er dann hier an meiner Muschi tätowieren lassen.”
“Wolltet ihr Kinder?”
“Wilhelm wollte unbedingt Kinder. Ich glaube aber, er ist unfruchtbar. Es hat ihn wütend gemacht, dass ich nie schwanger wurde.”
“Und Wilhelm durfte immer entscheiden, was tätowiert wurde?”
“Ich habe jetzt keine Lust, sie alle einzeln durchzugehen, aber so ziemlich alle meine Tattoos sind nach Wilhelms Wünschen gemacht. Er schaute immer zu, wenn ich tätowiert wurde, und gab dem Tätowierer, der sein Kumpel war, bis ins kleinste Detail Anweisungen. Kennst du den Spruch ‘Wer zahlt, bestimmt die Musik’?”
“Ja, schon. Aber es ist schließlich zara escort deine Haut.”
“Wilhelm sah das anders. Am Anfang war ich in ihn verliebt und habe jedes Mal Ja gesagt. Ich fand es irgendwie romantisch. Damals dachte ich gern an unsere gemeinsamen Erlebnisse in Brasilien zurück. Später habe ich dann Nein gesagt, und es gab Streit.”
“Ich kann mir vorstellen, dass es ziemlich erdrückend war”, sagte ich vorsichtig.
“Ja. Sehr. Aber jetzt habe ich die ganzen Tattoos. Was soll’s? Bis auf das eine, wo auf meinem Arsch ‘Wilhelm’ stand. Da habe ich jetzt diese wunderschöne Blume.”
Sie hob ihren wohlgeformten Hintern und zeigte mir die Stelle.
“Der Tätowierer hat mir die nach der Scheidung umsonst gestochen. Der hatte wohl schlechtes Gewissen. Wenigstens bekomme ich eine gewisse Aufmerksamkeit, wenn die Leute meine Tattoos sehen. Und sie sind ein guter Gesprächseinstieg, wenn ich jemanden neu kennenlerne. So wie jetzt.”
“Bei deinem Aussehen hättest du auch ohne Tattoos viel Aufmerksamkeit, Lorena.”
Sie lächelte selbstbewusst, während sie an ihrer Zigarette zog. “Danke. Das hast du nett gesagt.”
“Und Wilhelm? Hat er auch viele Andenken an eure Zeit in Brasilien tätowiert bekommen?”
Lorena blies eine große Rauchschwade aus und lächelte dabei spöttisch. “Kein einziges. Er hat diese wichtige Arbeit in der Bank und kann sich wegen dem Job nicht tätowieren lassen, sagte er immer. Aber seiner Meinung nach sind Tattoos bei schönen Frauen sehr sexy. Hast du welche, Hans-Joachim?”
“Nein. Aber ich finde sie bei schönen Frauen sexy.”
Lorena musste lachen, und ich lachte mit.
“Aber sag mal, Hans-Joachim, du hast mir Zigaretten gekauft, und du rauchst nicht. Warum?”
“Ich wollte einfach ein bisschen mit dir reden, und ich dachte, du würdest dir vielleicht eine kleine Zigarettenpause gönnen.”
Lorena legte spielerisch eine Hand auf meine Schulter. “Das ist wirklich süß von dir. Aber sei ehrlich, findest du es als Nichtraucher nicht ein wenig seltsam, mit einer Frau zu plaudern, die ständig raucht?”
“Ich muss dir etwas gestehen, Lorena. Ich finde es auch sehr sexy, wenn schöne Frauen rauchen.”
Lorena sah überrascht aus, aber auch geschmeichelt.
“Wirklich?”
“Ich weiß, Rauchen ist nicht gesund, aber der Anblick einer hübschen Frau, die genüsslich an einer Zigarette zieht, hat etwas Besonderes. Besonders bei dir, Lorena.”
“Interessant. Das höre ich wirklich zum ersten Mal. Aber ich freue mich, dass es dir gefällt. Ich werde in deiner Gegenwart so viel wie möglich rauchen. Versprochen!”
Lorena zeigte mir ihr bezauberndes Lächeln.
“Nur, wenn du es wirklich willst. Ich möchte dich zu nichts drängen”, sagte ich.
“Nein, es ist in Ordnung. Das ist doch eine gute Kombination: Ich bin eine schöne Frau, die das Rauchen liebt, und du liebst es, wenn schöne Frauen rauchen. Es ist eine kleine Eigenart von dir, die ich nun kenne. Jeder hat seine Vorlieben.”
“Du bist definitiv eine meiner Vorlieben, Lorena.”
“Danke. Magst du auch meine Titten?”
“Bitte?”
Lorena nahm ihre Zigarette zwischen die Zähne und umfasste mit beiden Händen ihre prallen Brüste.
“Na, meine Titten. Die hier. Gefallen sie dir?”
“Nennst du sie so? Titten?”
“Ja. Sagt man nicht so in Düsseldorf? Titten? Mein Ex-Mann hat immer Titten gesagt. Aber er wohnt ja in München.”
“Doch. Man sagt auch so in Düsseldorf. Ich finde, du hast sehr schöne Brüste, Lorena.”
“Genau. Brüste. Das Wort ist mir nicht eingefallen. Ich sag immer Titten. Wilhelm hat mir die in München machen lassen. Angeblich vom feinsten Schönheitschirurgen der Stadt. War ganz schön teuer.”
“Das glaube ich dir.”
“Wilhelm war mit der Qualität sehr zufrieden. Deshalb ließ er meine Titten auch gleich tätowieren.”
Lorena schmunzelte und zog ihr Bikinioberteil ein paar Zentimeter nach unten. “Deutsche Wertarbeit” stand bogenförmig um ihren rechten Nippel tätowiert und links dann in gleicher Weise “Made in Germany”.
“Das fand Wilhelm total witzig. Aber es tat schon weh, als es gestochen wurde”, sagte Lorena und löschte nachdenklich ihre Zigarette im Sand.
“Das ist ja krankhaft.”
“Könnte man so sagen. Ich habe mich ja auch scheiden lassen. Bei der Scheidung wollte Wilhelm das Geld für die OP zurück von mir. Aber das ging natürlich nicht. Schließlich bin ich ein armes Mädchen aus der Favela. Sein Pech, dass er 10.000 Euro bezahlt hat und jetzt nichts von meinen großen Titten hat. Und die Implantate kriegt er auch nicht zurück. Die sind jetzt hier eingebaut.”
Lorena fasste sich mit einem zufriedenen Lachen an ihre gemachten Brüste. Dann zündete sie sich eine neue Marlboro an. Der Rauch entwich mit einer Mischung aus Anmut und Gelassenheit aus ihren Lippen. “Ich rauche ziemlich viel, findest du nicht?”
“Ja, das ist mir aufgefallen. Du scheinst eine gute Kundin von Marlboro zu sein. Hast du immer schon so viel geraucht?”
“Nee. Als ich mit 21 nach München kam, hatte ich noch nie eine Zigarette zeytinburnu escort geraucht. Aber Wilhelm ist ein starker Raucher. Als ich mich über seinen ständigen Mundgeruch beschwert habe, war seine Antwort, mir das Rauchen beizubringen. Seitdem war sein Geruch kein Problem, weil ich selber nach Zigaretten stank. Findest du meinen Mundgeruch schlimm?”
Lorena brachte ihr Gesicht ganz nah an meins und hauchte mich an. Sie roch intensiv nach Rauch.
Ich lächelte. “Nicht schlimm. Würzig, würde ich sagen.”
“Würzig? So wie Salz und Pfeffer?”
“Genau.”
“Du bist anders als die anderen Männer”, meinte Lorena.
Wir sprachen über ihre Zeit in München, über ihren gewalttätigen Ex-Mann und ihre Rückkehr nach Rio. So verging eine Stunde und mehrere Zigaretten im heißen Sand des Ipanema-Strandes. Die Zeit verstrich, und plötzlich wurde Lorena nervös. Sie nahm meine linke Hand und schaute auf meine Armbanduhr. Abrupt stand sie auf und warf ihre Zigarette in den Sand.
“Oh, Entschuldigung! Ich muss weiter. Ich muss ganz dringend diese Zigaretten verkaufen.”
Ich wollte an Lorena unbedingt festhalten und machte ihr einen Vorschlag.
“Wie wäre es, wenn ich dir jetzt alle Zigaretten abkaufe, und du sie als Geschenk behältst, damit du sie rauchen kannst? Im Gegenzug zeigst du mir heute Abend das Nachtleben von Rio.”
Lorena war sofort begeistert.
“Deal! Du wirst sehen, Rio hat mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick denkt.”
Zum Abschied küsste mich Lorena direkt auf die Lippen, bevor sie mit Bargeld, ihren Zigaretten und einem zufriedenen Lächeln davonging.
Als ich sie zwei Stunden später wie vereinbart am weißen Rettungsschwimmerturm des Posto 9 traf, war es fast dunkel. Lorena, die natürlich wieder eine Zigarette rauchte, hatte sich umgezogen und trug ein auffällig kurzes, grün-gelbes Glitzerkleid mit tiefem Ausschnitt und hohe Sandalen mit Stiletto-Absätzen. Sie hatte sich sorgfältig geschminkt, und an ihren Ohren hingen große, goldfarbene Creolen.
“Ich hoffe, du bist bereit für eine wilde Nacht, Hans-Joachim”, begrüßte sie mich und hinterließ Lippenstift auf meinen Lippen, als sie mir einen rauchigen Kuss gab. Sie duftete nach einem kräftigen Parfüm, das ihren penetranten Geruch von Zigarettenrauch jedoch nicht verdrängen konnte.
“Du siehst umwerfend aus, Lorena.”
“Danke. Wenn du jetzt sofort einen Uber bestellst, schaffen wir es gerade noch rechtzeitig für die letzte Fahrt auf den Pão de Açúcar. Die Aussicht von da oben, die ist fantastisch.”
Mit der Seilbahn fuhren wir auf den 400 Meter hohen Felsen Pão de Açúcar, den Zuckerhut, und genossen den Ausblick über das Lichtermeer von Rio, die Strände, die Stadt, die Favelas an den Hängen und die flutlichtangestrahlte Erlöserstatue, die vier Kilometer Luftlinie entfernt auf dem Corcovado Tag und Nacht über Rio wacht.
Die Lichter der Stadt leuchteten wie ein Mosaik unter uns, während wir an einem Tisch im Freien mit Blick auf die vielen Schiffslaternen in der Bucht von Guanabara Platz nahmen.
Der Barkeeper begrüßte uns freundlich, und wir bestellten Caipirinhas.
“Es ist wirklich einzigartig. Diese Aussicht ist so beeindruckend. Fast genauso beeindruckend wie du, Lorena.”
“Bin ich beeindruckend?” fragte sie.
“Ja, sehr.”
“Ich werde rot, wenn du sowas sagst.”
“Wie fandest du München?” fragte ich um das Thema zu wechseln.
“Im Verhältnis zu hier? Soll ich ehrlich sein?”
“Bitte.”
“Stinklangweilig. Alles ist sauber und ruhig. Ich vermisste das Leben. Hier in Rio fühle ich mich zu Hause.”
Der Barmann servierte unsere Caipirinhas, wir stießen an und genossen den Ausblick.
“Was magst du am meisten an Rio?” fragte ich.
Lorena zog an ihrer Zigarette und lächelte. “Die Musik, die Menschen, die Strände. Hier kann man tanzen, leben, lieben.”
Die Stadt unter uns pulsierte, weit weg im Rhythmus des Abends.
“Also, Hans-Joachim, erzähl mir von deinem aufregenden Ingenieursleben. Was machst du, wenn du nicht gerade auf Abenteuerreisen in Rio bist?” fragte Lorena und stieß mit jedem Wort eine kleine Rauchwolke aus.
Ich lächelte verlegen und beschrieb meinen öden Büroalltag in Düsseldorf, und während ich mir selbst beim Reden zuhörte, fiel mir ein, wie viel aufregender – aber auch herausfordernder – Lorenas Kampf um ihr tägliches Brot sein musste.
Sie hörte mir aufmerksam zu, wobei sie immer wieder an ihrer Zigarette zog.
“Und wo siehst du dich in fünf Jahren?” fragte sie schließlich.
Ich dachte einen Moment nach. “Ich hoffe, dass ich mit einer schönen und interessanten Frau wie dir glücklich verheiratet bin, und dass wir vielleicht ein paar Kinder haben.”
“Du bist charmant, Hans-Joachim. Ich bin froh, dass ich dich getroffen habe. Aber du machst mich ganz verlegen, wenn du immer davon sprichst, wie schön und interessant ich bin. Ich bin doch nur eine arme Zigarettenverkäuferin ohne Abitur. Wechseln wir das Thema. Wo soll unsere Reise heute Abend hinführen?”
Ich nahm einen Schluck von meinem Caipirinha und lächelte. “Vielleicht in ein gutes Restaurant? Ich denke, wir sollten heute Abend das Leben genießen.”
“Ich weiß genau das richtige Restaurant. Und nachher gehen wir in einen besonderen Club, den ich kenne.” Lorena lehnte sich über den Tisch, indem sie mir in die Augen schaute: “Hans-Joachim, ich bin froh, dass du hier bist.”
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